Das Institut
Und was die kleine BLUME mit Trauer und
Forschung verbindet
Das TRAUERFORSCHUNGSINSTITUT kleine BLUME e.V. wurde auf Initiative der Soziologin Dr. Miriam Sitter im Februar 2023 gegründet.
Als ein gemeinnütziger Verein fördert das Institut entlang seiner Satzungszwecke die Wissenschaft und Forschung. In diesem Auftrag werden am hiesigen Institut sozialwissenschaftliche Untersuchungen praktiziert, um neue Erkenntnisse über die Ursachen, Ausdrucksweisen, Orte und Verläufe des Trauerns sowie seine verschiedenen, von der Gesellschaft niemals abgeschlossenen Bewältigungsformen zu generieren. Mit diesen Ergebnissen möchten wir sichtbar machen, was Trauer für Menschen aller Altersgruppen – nachhaltig prägend – bedeuten kann, und welche vielfältigen Erfahrungen sowie lebensweltlichen Herausforderungen mit ihr verbunden sind.
Übrigens
Die kleine BLUME steht symbolisch für die Vergänglichkeit und verweist auf eine multidisziplinäre Forschung, die sich mit dem aufgetürmten (Nicht-)Wissen über die zeitliche Begrenztheit menschlichen sowie tierischen Lebens infolge von Sterben und Tod beschäftigt. Die Liaison zwischen Vergänglichkeit und Tod, zwischen Verlust und Trauer ist so alt wie die Menschheit. Unaufhaltbar und mühsam zu beeinflussen ist sie bisweilen nicht gern willkommen, nicht selten herausfordernd.
Das Herausfordernde an dieser Liaison schauen wir uns an, …
um mögliche neue Perspektiven und Umgangsweisen mit ihr zu eröffnen. Unser Blick auf Sterben, Tod und Trauern ist gesellschaftskritisch und reflektiert; er fordert uns zu Überlegungen heraus, wie scheinbar Unmögliches greifbar werden und gelingen kann.
Sich als Betroffene*r in der Gesellschaft mit Vergänglichkeit auseinanderzusetzen, sich dem Wert des Trauerns zu öffnen, heißt immer auch, im gesellschaftlichen Alltag diversen Betrachtungen zu begegnen, die mit den eigenen konfligieren können. Die Arbeit im TRAUERFORSCHUNGSINSTITUT besteht demnach u.a. darin, zu ergründen, wie Handlungs- und Denkweisen, auch normative Routinen im gesellschaftlichen Umgang mit dem schwindenden Sein Menschen in ihrer Verlusterarbeitung auf verschiedene Weise berühren und beeinflussen.
Doch Verlustverarbeitungen lassen sich nicht nur beim Umgang mit der Vergänglichkeit menschlichen und tierischen Lebens beobachten. Auch in anderen Bereichen, d.h. jenseits von Sterben und Tod, fordern Verluste Menschen heraus. So kann der Verlust der Freundschaft oder Liebesbeziehung, des Vertrauens, des Sicherheitsempfindens, des Jung-, Gesund- und beruflichen Tätigseins oder des elterlichen Zuhauses Gefühle und Bedürfnisse hervorbringen, die jenen bei der Trauerarbeit nach einem Verlust infolge des Todes ähneln.
Das TRAUERFORSCHUNGSINSTITUT versteht sich daher als ein Ort, …
an dem das Wechselverhältnis zwischen Verlust und Trauer in denkbar andere Lebenskontexte gehoben wird. Mit dieser Perspektive steht die kleine BLUME in enger Verbindung zu der abenteuerlichen Biografie des Märchendichters Hans Christian Andersen (1805 – 1875). Denn wer seine Märchen und Geschichten liest oder erinnert, wird Trauer entdecken können, »die trotz allen Übermuts über seinen Texten liegt« und »eine melancholische Signatur der Position« (Detering 2011, S. 39) Andersens ist.
Getragen von seinen Märchen und Geschichten, die häufig von widrigen Lebensverhältnissen erzählen, möchte das Institut Trauer nicht konkret verorten, vor allem nicht ausschließlich im Kontext von Sterben und Tod. Es werden daher gesellschaftliche Entwicklungen und Phänomene betrachtet, die in ihrer Wirkung auf Verluste und Trauer bislang wenig diskutiert wurden. Diese Leerstelle greifen wir u.a. in unseren Forschungsfeldern zu Trauern in sozialer Ungleichheit oder Trauer und Biografie auf. Mit dieser Zusammenhangsbetrachtung kann nicht nur das begriffstheoretische Verständnis von Verlust und Trauer kontextuell neu ausgeleuchtet, sondern die Mechanismen gesellschaftlicher Zustände und institutioneller Ordnungen in ihrer Wirkung auf Verluste und Trauer anderweitig betrachtet und kritisch hinterfragt werden. Trauer und Verluste lassen sich daher als individualisierte Resultate erfahrener Lebensumstände bspw. in Armut oder häuslicher Gewalt verstehen. Gleichzeitig werden diese Lebensumstände im funktional differenzierten Haus der Gesellschaft von kulturellen, institutionellen Ordnungen geprägt, die wiederum Verlust- und Trauererfahrungen strukturieren können.
Im TRAUERFORSCHUNGSINSTITUT kleine BLUME e.V. sollen mit diesen Betrachtungen …
Blickwinkel geschärft und Formen des Gesprächs über Verluste und Trauer ergänzt, gleichsam neue Diskursräume eröffnet werden. Aus diesem Grund ist es ein zentrales Anliegen im Institut, Menschen in Trauer mit ihren Verlusterfahrungen für partizipative Erhebungen zu motivieren, um entlang ihrer subjektiven Erlebnisse und Erzählungen neue Bedarfe für die praktische Trauerbegleitung abzuleiten und anderweitige Perspektiven auf gesellschaftlich bedingte Formen der Trauer aufzuzeigen. Als Grundlagen- und praxisorientierte Forschung, die sich für disparate Bewältigungsformen trauernder Menschen interessiert, ist sie lebensweltorientiert ausgerichtet; damit bringt sie u.a. soziologische Denk- und Forschungsansätze ein, um Verluste und Trauer in einem breiteren, sozialstrukturellen Kontext zu analysieren.
Vielfältige Kooperationen spielen hierbei eine zentrale Rolle, um die Ursprünge und Ergebnisse der Analysen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Das TRAUERFORSCHUNGSINSTITUT ist insofern auch als ein Ort intervenierender sozialwissenschaftlicher Trauerforschung zu verstehen.
Möchten Sie etwas mehr darüber erfahren, warum Hans Christian Andersen und seine Werke in enger Verbindung zur kleinen BLUME stehen? Dann lesen Sie gerne hier weiter.
Andersen wurde am 2. April 1805 in Odense (Dänemark) geboren. Er hat seine alltäglichen und lebenslangen Leidensgeschichten aufgrund seiner sozialen Herkunft, geschlechtlichen Orientierung und ebenso aufgrund seiner erfahrenen Stigmatisierung infolge seines vermeintlich mädchenhaften Aussehens unermüdlich in seinen Werken verarbeitet. So habe er nach Gisela Perlet (2005, S. 110) beispielsweise sein Märchen Das hässliche Entlein bzw. Das missratene Entchen (Andersen 2019) in einem Brief an Georg Brandes »als ›Abspiegelung‹ seines Lebens bezeichnet«. Biografische Parallelen zeigen sich ebenso in der von kindlicher Armut gekennzeichneten Geschichte über Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern (Andersen 2019). In seinen Texten spricht Andersen also oftmals jene Dinge aus, die für ihn in der sozialen Wirklichkeit unsagbar gewesen wären (vgl. Detering 2011, S. 53). Die meisten Schlösser in Andersens Märchen treten daher nicht selten als Eispaläste in Erscheinung.
Andersens Mühen als ewiger Junggeselle, dem sich keine Liebesbeziehung erfüllte, zeichnen sich – (selbst-)ironisch verpackt und mit biografischen Bezügen versehen – wohl auch in seiner Geschichte Der Schmetterling ab. Dieser »wollte sich gern eine Liebste zulegen« (Andersen 2019, S. 342), um am Ende seiner Suche jedoch entdeckt, bewundert und auf einer Nadel aufgespießt zu werden. Wenn Andersen den Schmetterling bei seiner verlorenen Suche nach einer Liebsten im stürmischen Herbst auf Seite 344 sprechen lässt, »›Leben ist nicht genug! […] Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man haben!‹«, so findet sich hier nicht nur seine »unaufhörliche Selbstdarstellung« (Detering 2011, S. 11) praktiziert, sondern auch sein Wunsch nach lebensweltlichem Mehr – eben nach individueller Bedürfniserfüllung. Wo es Bedürfnisse nach Zuneigung und Zweisamkeit gibt, da gibt es auch Verluste. Und wo es Verluste gibt, ist Trauer mit im Spiel.
Hans Christian Andersen starb am 4. August 1875 in Kopenhagen auf dem Landsitz Rolighed der Familie Melchior.
Hier finden Sie weitere Lesehinweise, um sich über Andersens Biografie und sein Schaffen zu informieren:
- Andersen, Hans Christian: Reisebilder aus Schweden und England. In Schweden. Ein Besuch bei Charles Dickens. Herausgegeben und übersetzt von Gisela Perlet. Leipzig/Weimar 1985
- Andersen, Hans Christian: »Ja, ich bin ein seltsames Wesen …«. Tagebücher 1825-1875. Ausgewählt und übersetzt von Gisela Perlet. Zwei Bände. Göttingen 2000
- Bredsdorff, Elias: Hans Christian Andersen. Des Märchendichters Leben und Werk. Aus dem Englischen von Gertrud Baruch. München/Wien 1980
- Wullschlager, Jackie: Hans Christian Andersen. The Life of a Storyteller. Chicago 2000
Ebenso finden Sie hier zum Nachschlagen oder Weiterlesen die genauen Angaben zu den bereits aufgeführten Quellen:
- Andersen, Hans Christian: Das missratene Entchen, in: Ders.: Märchen und Geschichten. Aus dem Dänischen übersetzt und herausgegeben von Heinrich Detering. Stuttgart 2019, S. 131-141
- Andersen, Hans Christian: Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern, in: Ders.: Märchen und Geschichten. Aus dem Dänischen übersetzt und herausgegeben von Heinrich Detering. Stuttgart 2019, S. 206-208
- Andersen, Hans Christian: Der Schmetterling, in: Ders.: Märchen und Geschichten. Aus dem Dänischen übersetzt und herausgegeben von Heinrich Detering. Stuttgart 2019, S. 342-344
- Detering, Heinrich: Hans Christian Andersen. München 2011
- Perlet, Gisela: Hans Christian Andersen. Frankfurt am Main 2005
Wussten Sie, wie vielfältig die Märchen, Geschichten und Gedichte von Hans Christian Andersen sind, die zwischen 1835 und 1872 erschienen sind?
Die Prinzessin auf der Erbse
Das Kind im Grabe
Däumelinchen
Die kleine Meerfrau
Die neuen Kleider des Kaisers
Der fliegende Koffer
Der Schweinehirt
Das Liebespaar
Der Tannenbaum
Die Schneekönigin (auch als Gedicht)
Die Galoschen des Glücks
Der Wassertropfen
Herzenskummer
Der standhafte Zinnsoldat
Hans Tolpatsch
Der letzte Traum der alten Eiche
Der böse Fürst
Der Schneemann
Die Geschichte vom Raben
Der Gärtner und die Herrschaft
Der Freundschaftsbund
Tante Zahnweh
Eine Rose von Homers Grab
Das Schneeglöckchen
…
Gemeinnützigkeit
Für die Umsetzung und Realisierung unserer gemeinnützigen Trauerforschung sind wir auf Ihre finanzielle Unterstützung angewiesen. Wir sind Ihnen daher sehr dankbar für eine Spende, die Sie hier vornehmen können.